Wo sind die Grenzen für Biokunststoffe bei Verwertung und Recycling?
Vor dem Hintergrund immer knapper werdender fossiler Rohstoffreserven bzw. sinkender Mengen Erdöls als Rohstoffbasis zur Herstellung konventioneller Kunststoffe, machen sich Forschung und Industrie seit längerem Gedanken über alternative Lösungen. Aufgrund dieser abzusehenden Engpässe rücken biologisch abbaubare Kunststoffe auf Basis nachwachsender Rohstoffe immer stärker in den Fokus. Diesen Biokunststoffen wird ein Höhenflug vorausgesagt, die Euphorie reicht von “nachhaltig” und “Ablösung der Werkstoffe auf fossiler Basis” über “vollständig abbaubar” bis “unbegrenzt recyclingfähig”. An biobasierten Werkstoffen wird zukünftig kein Weg vorbeiführen. Ihre Herstellung wird mittelfristig auch ökonomisch konkurrenzfähig werden. Im Verpackungsbereich soll ihr Anteil nach Auffassung von Experten bis zu 70% erreichen. Bekannt ist aber auch, dass Biokunststoffe in der gegenwärtigen Phase der Koexistenz mit den etablierten Stoffen, Produkten und Systemen hinsichtlich Verwertung (Kompostierung und Vergärung) oder Recycling durchaus eine Reihe von ernsten Problemen verursachen können. Die in letzter Zeit öffentlich geführten Diskussionen zur Vorteilhaftigkeit von Biokunststoffen (z. B. REWE und ALDI Einkaufstüten oder DANONE Activia Becher) verdeutlichen den Bedarf an zukunftsfähigen Lösungen zum Recycling von Biokunststoffen. Die augenscheinliche Vorteilhaftigkeit durch die Kennzeichnung „Bio-“ bzw. deren biologische Abbaubarkeit endet bei der Frage der Entsorgung. Diese führt dazu, dass Verpackungsabfälle vermehrt im Bioabfall landen, obwohl der Gesetzgeber hierbei nur einen „unvermeidbaren Rest“ zulässt. Verpackungsabfälle sind grundsätzlich über die Gelbe Tonne zu entsorgen, unabhängig von der biologischen Abbaubarkeit. Kritisch wird es, wenn Kunststoffe, sowohl aus biogenem als auch fossilem Ursprung in Abfallströmen gemeinsam erfasst und recycelt werden sollen. Unterschiedliche chemische Eigenschaften von Biokunststoffen im Vergleich zu herkömmlichen fossilen Kunststoffen führen bei anschließenden Recyclingvorgängen zu Problemen. Die gegenwärtig hohe Qualität des Kunststoffrecyclings und der Recyclingprodukte wird gefährdet. So können bereits geringe Marktanteile an Biokunststoffen aus PLA zu einer ernsthaften Störung der Infrastruktur für die Verwertung von PET-Flaschen führen. Die Dresdner Tagung Biokunststoffe in Verwertung und Recycling will sowohl dazu beitragen, das Recycling der „etablierten“ Kunststoffe weiterhin in hoher Qualität zu gewährleisten, als auch dabei helfen neue Möglichkeiten aufzuzeigen, um das Recycling von Biokunststoffen zu unterstützen. In den ausgewählten Vorträgen sollen Lösungswege für die genannten Problematiken aufgezeigt werden, z. B. wie die gesamte Kette von der Synthese und Herstellung über die Verarbeitung und Anwendung bis zur Entsorgung technisch, ökologisch und ökonomisch vorteilhaft gestaltet werden kann und welche gesetzgeberischen Maßnahmen (Verpackungsverordnung, Wertstoffgesetz) dafür erforderlich sind. Die Tagung soll hierbei auch den Grundstein dafür legen, dass sowohl auf wissenschaftlicher, als auch auf industrieller Ebene nicht nur neuartige Biokunststoffe entwickelt werden, sondern dass frühzeitig auch die Optimierung des Recyclings zukünftiger Abfallströme eine Rolle spielt. Quelle: Technische Universität Dresden