Hydrogele sind den meisten schon einmal begegnet: In natürlicher Form als Qualle am Strand oder als synthetische Flüssigkeitsspeicher in Babywindeln. Diese Netzwerke aus natürlichem Material oder Kunststoffen zeichnen sich durch eine hohe Elastizität aus und sind mit Wasser gequollen. Gele können sehr klein sein: Mikrogele messen teilweise nur 100 Nanometer. In diesem Maßstab reagieren die weichen, vernetzten Polymerteilchen besonders schnell. Mikrogele lassen sich mit spezifischen Funktionen ausstatten und können Schadstoffe aufnehmen oder Wirkstoffe gezielt freisetzen. Auf einer entsprechenden Struktur aufgebracht machen sie sich als Membranfilter nützlich oder fungieren als Sensor. Dieses Potenzial im Nanomaßstab auszuschöpfen, stellt für die Wissenschaft eine große Herausforderung dar, denn die Entwicklung interaktiver und „intelligenter“ Systeme, wie sie für lebende Organismen charakteristisch sind, können bisher synthetisch nicht erreicht werden. „In unserem interdisziplinären Forschungsverbund wollen wir solche natürlichen Strukturen nachbauen und in entsprechende Systeme einbetten“, erläutert Univ.-Prof. Dr. rer.nat. Walter Richtering.
Anwendungsbeispiel: Sanfte Entgiftung
Die Aachener Wissenschaftler arbeiten zum Beispiel an einem Mikrogel, das sich bei der Behandlung von Durchfallerkrankungen nützlich machen soll. Die für die Beschwerden verantwortlichen Bakterien setzen schädliche Toxine im Darm frei und werden in der Regel mit Antibiotika bekämpft. Ein neues Mikrogel könnte die Heilung beschleunigen: Ausgestattet mit speziellen Rezeptoren als Andockstationen sollen die Toxine direkt gebunden und dadurch unschädlich gemacht werden. Anschließend verlassen sie mit dem Mikroschwamm den Körper. Um aus diesem Plan ein funktionierendes Medikament zu machen, sind zahlreiche fachübergreifende Lösungen nötig: Chemiker „bauen“ das Mikrogel, Mediziner und Biotechnologen suchen nach möglichen Bindungen für die Toxin-Rezeptoren während Physiker erforschen, wie sich der beladene Nanoschwamm bewegt. Die Produktion solcher funktionalen Stoffe in einem für die therapeutische Anwendung relevanten Maßstab klären schließlich die Verfahrenstechniker. Quelle: idw/Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (Sabine Busse)