London — Die Viren sind in dem Generator stäbchenförmige in mehreren Schichten angeordnet. Sie verändern unter Druck ihre Lage und damit auch die elektrischen Ladungen in den Generatorschichten. Dies erzeugt Strom. Bereits ein Quadratzentimeter großer Generator produziere sechs Nanoampere Strom und 400 Millivolt Spannung. Das reiche aus, um ein kleines LCD-Display zu steuern, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Nature Nanotechnology“. Die Größe und Leistung des Virengenerators ließe sich noch erhöhen, wenn man mehrere dieser Bauteile parallel oder in Reihe zusammenkoppele. Genügend Energie für ein Handy oder andere kleine Geräte „Dies ist ein vielversprechender erster Schritt hin zu der Entwicklung von miniaturisierten Stromlieferanten, beispielsweise für nanoelektronische Bauteile“, schreiben Byung Yang-Lee von der University of California in Berkeley und seine Kollegen. Aber auch Alltagselektronik könnte ihrer Ansicht nach zukünftig durch solche Virengeneratoren mit Strom versorgt werden. Eingebaut in die Schuhsohle oder in andere mechanisch beanspruchte Objekte, liefere der Virengenerator genügend Energie, um ein Handy oder andere kleine Geräte anzutreiben. Der Virengenerator besteht aus zwei Goldelektroden, zwischen die rund 20 dünne Schichten aus Viren eingeschlossen sind. Die Viren, sogenannte M13-Bakteriophagen, haben die Form eines kleinen Stäbchens mit spiralig angeordneten Vorsprüngen. Per Genmanipulation ergänzten die Forscher diese Stäbchen mit noch vier etwas größeren, negativ geladenen Anhängen. Der piezoelektrische Effekt machts möglich In einem schwachen elektrischen Feld ordnen sich diese Stäbchen in säuberlichen Reihen an. Wird der dünne Virenfilm zusammengedrückt, verdrehen sich die Stäbchen leicht. Ihre geladenen Anhänge zeigen dann in andere Richtungen als vorher. Die veränderte Wechselwirkung dieser Ladungen erzeugt eine kleine Menge Strom. Forscher bezeichnen eine solche Umwandlung von mechanischer Verformung in elektrische Energie auch als piezoelektrischen Effekt. Sichtbar machten die Forscher den vom Virengenerator erzeugten Strom, indem sie diesen an ein kleines Display anschlossen. Drückten sie mit dem Finger auf das rund einen Quadratzentimeter kleine Bauteil, leuchtete auf dem Display die Ziffer „1“ auf — die Energie dafür stammte aus dem Virengenerator. Umweltfreundliche Möglichkeit zur Stromerzeugung „Solche virenbasierten piezoelektrischen Materialien bieten eine einfache und umweltfreundliche Möglichkeit, elektrische Energie zu erzeugen“, sagen die Forscher. Bisherige Materialien für solche Bauteile seien oft hochgiftig, die Viren dagegen nicht. Die für das Gerät eingesetzten Bakteriophagen gehören zu einer Virengruppe, die nur Bakterien befällt. In diesen vermehren sich die Viren in kürzester Zeit millionenfach und können daher leicht großtechnisch gezüchtet werden. Phagen werden bereits heute eingesetzt, um bestimmte Funktionsmaterialien herzustellen, wie die Forscher berichten. Auch künstliche Gewebe für die Medizin würden häufig mithilfe von Phagen produziert. Die Viren richten sich außerdem von selbst in der benötigten Anordnung aus. Eine solche Selbstorganisation gilt als wichtiger Schritt zur effektiveren Produktion von Nanotechnologie-Bauteilen. (dapd) Quelle: Kölner Stadtanzeiger