Multitalent Hanf: EU-Verbund erforscht neue Wertschöpfungspotenziale
05.11.2012
Hanf ist eine ertragreiche Kulturpflanze, die traditionell für die Gewinnung von Fasern, Samen und psychoaktiven Substanzen angebaut wurde und heute als idealer Rohstofflieferant für innovative biobasierte Werkstoffe gilt. Im letzten Jahrhundert wurde Hanf jedoch fast vollständig von Baumwolle und Synthetikfasern verdrängt. Dies erklärt, warum Hanf — im Gegensatz zu vielen anderen Kulturpflanzen — in den letzten 50 Jahren züchterisch nicht weiterentwickelt worden ist. Der schlechte ökologische Fußabdruck der Baumwolle bzw. anderer fossil basierter Fasern macht Hanf aber heute wieder attraktiv: die Pflanzen benötigen weniger Wasser und Agrochemikalien und liefern u. a. Fasern und Öl von höchster Qualität. Im Rahmen des EU-Forschungsverbundes MultiHemp sollen u. a. neueste molekulargenetische Methoden zum Einsatz kommen, um gezielt und schnell die Produktivität der Hanferzeugung und die Rohstoffqualität zu verbessern. Die züchterischen Arbeiten werden verknüpft mit der Entwicklung neuer Verfahren für Anbau, Ernte und Verarbeitung mit dem Ziel, auf Basis verbesserter Sorten nachhaltige Produkte erzeugen zu können. Die Erprobung erfolgt in Feldversuchen und durch Scale-up. Um wirtschaftliche Rentabilität und Nachhaltigkeit zu gewährleisten, werden alle neuen Verfahren hinsichtlich ihrer ökonomischen und ökologischen Effekte bewertet. Von der Molekulargenetik bis zum Test des Endprodukts — in MultiHemp arbeiten führende Forschergruppen mit starken Industriepartnern zusammen. Die Hanf-Bioraffinerie soll es ermöglichen, den optimierten Rohstoff in modularen Verarbeitungsschritten effizient zu verschiedenen Produkten wie Fasern, Öl, Baumaterialien, Feinchemikalien und Biokraftstoffen zu verarbeiten und dabei alle Komponenten der geernteten Biomasse vollständig zu nutzen. Klammer des Verbundvorhabens ist die praxisnahe Demonstration, d. h. die Realisierung der Forschungsergebnisse im Pilotmaßstab — vom Anbau bis zur Produktanwendung. Das Projekt „Multipurpose Hemp for industrial bioproducts and biomass – MultiHemp” wird im Rahmen des 7. Rahmenprogramms der EU im Forschungsschwerpunkt KBBE (Knowledge Based Bio-Economy), Teilprogramm „Multipurpose crops for industrial bioproducts and biomass“ über eine Projektlaufzeit von 4,5 Jahren mit insgesamt 6 Mio. Euro gefördert. Die Koordination des europäischen Großforschungsprojekts hat die Università Cattolica del Sacro Cuore, Piacenza, Italien. Insgesamt sind 21 Partner aus Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, Litauen, Niederlande, Slowenien, Spanien, Tschechien, UK sowie aus China beteiligt. [gekürzt] Quelle: idw / Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V.