„Bereits ein Viertel der waschaktiven Substanzen sind biobasiert, da als Grundlage Öle aus nachwachsenden Rohstoffen verwendet werden“, sagt Susanne Zibek, Technische Biologin und Ingenieurin am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB (IBB-Netzwerkmitglied) in Stuttgart. Doch biobasiert heißt nicht biologisch. Denn auf der Grundlage der nachwachsenden Rohstoffe werden die oberflächenaktiven Substanzen meist chemisch gewonnen. Giftige umweltbelastende Hilfsmittel wie Phenole oder Benzole und hohe Drücke und Temperaturen werden dazu benötigt. Das Fraunhofer-Institut beschreitet hingegen einen nachhaltigeren Weg: „Umweltfreundlich sind Tenside dann, wenn sie als Grundlage nachwachsende Rohstoffe haben und nicht chemisch, sondern biotechnologisch hergestellt werden“, sagt Zibek. Die sogenannten Biotenside lassen sich besser abbauen, sind weniger toxisch und lösen Fette ebenso gut. Mehrere Projektgruppen am Institut erforschen deshalb die Anwendbarkeit und Wirtschaftlichkeit von Biotensiden.
Wie die Produktion im Bioreaktor gelingt
In einem Projekt werden die waschaktiven Substanzen mit Pilzen oder Bakterien hergestellt. „Wir verwenden Cellobioselipide und Mannosylerythritollipide, da sie sich in Tests als vielversprechend für den industriellen Einsatz erwiesen haben“, erklärt Zibek, die als Gruppenleiterin die verschiedenen Forschungsgruppen betreut. Im Fachjargon heißen diese Substanzen einfach CL und MEL. Die Stoffe werden von einigen Brandpilzen, die beispielsweise Maispflanzen befallen, in größeren Mengen gebildet. In einem Bioreaktor kultivieren die Forscher unter ständigem Rühren die Mikroorganismen in einem Nährmedium, das unter anderem aus Zucker, Öl, Vitaminen und Mineralsalzen besteht. Sogar aus Agrarabfällen aus dem ökologischen Anbau haben die Experten schon Biotenside hergestellt: Der für die Nährlösung verwendete Zucker wurde aus Stroh gewonnen.
Temperatur, Nährstoffe, Sauerstoff – alles muss stimmen
Ziel ist, innerhalb kürzester Zeit hohe Konzentrationen zu erzielen. „Damit die natürlichen Tenside den Massenmarkt erobern, müssen wir die Ausbeute verbessern“, sagt die Biologin. Über den Erfolg entscheiden zahlreiche Faktoren wie die Sauerstoffzufuhr, der pH-Wert, die Beschaffenheit der Zellen, die Temperatur und die Zusammensetzung der Nährlösung. Und nicht nur die Anteile von Zucker und Öl im Nährmedium spielen eine Rolle, sondern auch die Geschwindigkeit, mit der sie hinzugefügt werden. Untersucht wird, welche Bakterienstämme sich stabil im Bioreaktor züchten lassen, welche Biotenside sie produzieren und in welchen Mengen. „Wir konnten bereits Konzentrationen von 16 Gramm pro Liter für die CL und sogar 100 Gramm pro Liter für die MEL erzielen“, sagt Zibek. Um das Verfahren für den industriellen Einsatz wirtschaftlich zu machen, wird noch fleißig geforscht, einige große Tensid- und Waschmittelhersteller haben ihr Interesse aber bereits bekundet. Eine weitere Herausforderung für die Forscher ist die wirtschaftliche und gleichzeitig ökologische Abtrennung der Substanzen aus der Fermentationsbrühe. „Hier werden wir lediglich schonende Umwandlungs- und Aufarbeitungsverfahren einsetzen“, erläutert Ana Lucia Vasquez, die das Projekt mit allen Partnern koordiniert. Vor allem die Verwendung von Abfallprodukten aus der ökologischen Landwirtschaft senke nicht nur die Produktionskosten, sondern stelle auch die Nachhaltigkeit der Tenside sicher. Quelle: Stuttgarter Zeitung, vom 06.04.2012 (Autorin: Martina Bräsel)