Etwa 200 Kilogramm Rohstoffe pro Kopf und Tag verbrauchen die Deutschen laut Umweltbundesamt. Damit stehen wir weltweit an der Spitze. Das schadet nicht nur der Umwelt – es ist auch gefährlich für unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit. Als rohstoffarmes Land muss Deutschland auf einen besonders schonenden Umgang mit Ressourcen setzen. Neue und effiziente Recyclingverfahren sind eine Möglichkeit, sich unabhängiger zu machen vom Import teurer und knapper Rohstoffe. Wichtige Grundlagen für das konsequente Wiederverwerten und das Produzieren in Kreisläufen haben Fraunhofer-Experten in dem Übermorgen-Projekt »Molecular Sorting for Resource Efficiency« gelegt. Auf der der Messe IFAT stellen sie neue Methoden vor, die das Wiederverwerten von Edelmetallen, Seltenen Erden, Glas, Holz, Beton und auch Phosphor ermöglichen.
Recycling 2.0 – perfekt getrennt
»Die Trennprozesse erfolgen dabei erstmals auf der kleinsten erforderlichen Stufe, das heißt, wir gehen bis auf die molekulare oder sogar atomare Ebene hinab«, erläutert der Koordinator des Projekts, Professor Jörg Woidasky vom Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT (IBB-Netzwerkmitglied) in Pfinztal bei Karlsruhe. Ein Beispiel ist die mikrobielle Erzlaugung, die am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB (IBB-Netzwerkmitglied) in Stuttgart zur Anwendungsreife entwickelt wird. Damit lassen sich auch kleine Mengen Edelmetall oder seltenen Erden wiedergewinnen. Die Forscher nutzen Mikroorganismen, um unlösliche Metallverbindungen in Erzen, in Verbrennungsschlacken oder in Althölzern, die mit Metallsalzen getränkt wurden, in wasserlösliche Salze umzuwandeln. Die gelösten Metalle lassen sich anschließend mit speziellen Polymeren binden und so selektiv aus der Lösung entfernen. In einer dritten Stufe werden die Metalle abgetrennt.
Altholz intelligent weiter nutzen
In Deutschland steckt das Holzrecycling noch in den Kinderschuhen: Bislang werden nur etwa 33 Prozent der jährlich etwa acht Millionen Tonnen Holzabfälle weitergenutzt. Ein Grund für die geringe Wiederverwertungsquote ist die Altholzverordnung. Sie schreibt vor, dass mit halogenorganischen Verbindungen beschichtetes Material oder mit Holzschutzmitteln behandeltes Holz nicht oder nur sehr eingeschränkt wieder verwendet werden darf. Neue Trenntechniken auf molekularer Ebene sollen hier Abhilfe schaffen, ohne den Vorsorge-Gedanken der Altholzverordnung zu gefährden. Um Altholz stärker recyceln zu können, muss man vorhandene Schadstoffe erkennen. Dazu setzten Forscher vom Fraunhofer-Institut für Holzforschung – Wilhelm-Klauditz-Institut, WKI in Braunschweig auf verschiedene Verfahren wie die Nahinfrarotspektroskopie, die Röntgenfluoreszenzanalyse oder die Ionen-Mobilitäts-Spektrometrie. Ist der Schadstoff identifiziert, kann man ihn auch entfernen. »Mit organischen Holzschutzmitteln behandeltes Holz lässt sich mit überkritischen Fluiden reinigen. Um Schwermetalle abzutrennen beziehungsweise anzureichern, wollen wir sowohl nasschemische als auch Verbrennungsprozesse und Pyrolyseverfahren anwenden«, sagt der Diplom-Physiker Peter Meinlschmidt vom WKI.
Germanium und Phosphor wiedergewinnen
Aber nicht nur aus festen Abfällen lassen sich Wertstoffe gewinnen. Auch die Abgase von Müllverbrennungsanlagen enthalten ebenfalls Rohstoffe. Um diese anzureichern, entwickeln die Forscher des Fraunhofer-Instituts für Keramische Technologien und Systeme IKTS in Dresden spezielle keramische Filter, an denen bestimmte Inhaltsstoffe im Abgas bei Temperaturen von mehr als 850 °C zunächst selektiv abgeschieden und anschließend wiedergewonnen werden — beispielsweise Germanium, Zink und auch Phosphor. Aber eignen sich diese entwickelten Methoden auch tatsächlich für ein sich stark veränderndes Marktumfeld? Das haben die Molecular-Sorting-Partner in einer Studie untersucht. Ihr Fazit fällt positiv aus. Das Recycling auf atomarer Ebene lässt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit künftig sinnvoll anwenden. Nicht nur, wenn es politisch gefördert wird, sondern auch als wirtschaftlich unabhängiges Geschäftsmodell. Weitere Informationen finden Sie unter www.molecular-sorting.fraunhofer.de Quelle: idw/Fraunhofer [gekürzt]