Draußen steigen die Temperaturen und auf den Feldern reifen die Erdbeeren. Nach Angaben des Deutschen Bauernverbands, ist in diesem Jahr die Hauptsaison von Mai bis August (DBV, 2013). Die rote Frucht ist vielseitig einsetzbar und erfreut sich wachsender Beliebtheit: 2012 stieg die Anbaufläche in Deutschland auf 19.048 Hektar – ein Jahr zuvor waren auf 17.223 Hektar Fläche Erdbeeren für den Marktobstbau angepflanzt worden (BMELV, 2013).
Natürliches Aroma analysiert
Das Aroma ist eine Kombination von unserem Geschmacks- und vor allem dem Geruchssinn. Unsere Sinneszellen werden über chemische Reize angeregt. Der Lehrstuhl für Biologische Chemie der Technischen Universität München (TUM) hat nun das Aroma von Erdbeeren (Fragaria × ananassa auch bekannt als Gartenerdbeere) genauer analysiert. Erdbeeren sondern mehrere hundert unterschiedlicher flüchtiger chemischer Substanzen ab. Aber nur etwa zwölf davon sind wirklich für das Aroma, das wir wahrnehmen, verantwortlich. Die Wissenschaftler stellten fest, dass ein Aromastoff dabei besonders wichtig ist: Das Erdbeer-Furanon (4‑Hydroxy‑2,5‑dimethyl‑3(2H)-furanon, kurz: HDMF). „In der reifen Erdbeere ist der Mengenanteil dieses Aromastoffes mit bis zu 50 Milligramm pro Kilogramm besonders hoch und liegt damit um einige Größeneinheiten über dem Geruchsschwellenwert. Es verleiht dem Aroma der reifen Früchte seinen karamellartigen Charakter“, erklärt Prof. Dr. Wilfried Schwab, Leiter des Fachgebiets Biotechnologie der Naturstoffe an der TUM.
Warum gibt es solche Geruchtsstoffe?
Die Bildung des Aromastoffs ist Teil des sekundären Stoffwechsels in den Erdbeeren. Somit zählt der Geruchsstoff zur Gruppe der sekundären Pflanzenstoffe. Sie sind für die Pflanze nicht lebensnotwenig, aber erfüllen andere wichtige Funktionen. In diesem Falle dient der Stoff zur Verbreitung. Die Erdbeerfrüchte werden ansprechender für Tiere, die dann die Früchte fressen. Durch das Ausscheiden der enthaltenen Samen tragen sie so zur Verbreitung der Erdbeere bei.
Die biochemischen Prozesse beleuchten
Erdbeerpflanzen bilden das Aroma in mehreren Schritten aus Fructose. Die Forscher interessierten sich vor allem dafür, wie dieser entscheidende Aromastoff auf molekularer Ebene zusammengesetzt wird. Um den Reaktionsweg der Moleküle zum fertigen Aromastoff zu beleuchten wandten sie das Verfahren der Röntgen-Strukturanalyse an. Damit machten sie, ähnlich wie beim Röntgen eines Körperteils bei Menschen, die mit bloßem Auge unsichtbare dreidimensionale Struktur der involvierten Moleküle bzw. Enzyme sichtbar. Die Wissenschaftler entdeckten, dass die Synthese des Aromastoffs auf einem bisher unbekannten Weg geschieht. Dabei binden Vorformen des Aromaten an ein spezielles Enzym, FaEO (Fragaria x ananassa Enon-Oxidoreduktase). Dieses Enzym wandelt die Vorform in das Endprodukt HDMF um, indem das Enzym Elektronen auf ganz spezielle Bereiche des Moleküls überträgt. FaEO ist, nach Angaben der Forscher, der erste Vertreter einer neuen Klasse von Biokatalysatoren. Die Lebensmittelindustrie könnte nun bei der Herstellung von Lebensmittelzusatzstoffen von den Ergebnissen profitieren. Denn die Kenntnis des genauen Bildungsweges könnte als Vorlage dienen, um den natürlichen Aromastoff biotechnologisch herzustellen.
Originalpublikation:
Schiefner, A. et al. (2013): Structural basis for the enzymatic formation of the key strawberry flavor compound 4‑hydroxy‑2,5‑dimethyl‑3(2H)-furanone. In: jbc, (15. April 2013), doi: 10.1074/jbc.M113.453852. Quelle: Pflanzenforschung.de