Zukunftsweisende Verbundstoffe aus Pilzmyzel
Das Team von morgenmaterials entwickelt nachhaltige Verbundstoffe aus Pilzmyzel und regionaler Biomasse und hat dafür nun das 12-monatige EXIST-Gründungsstipendium des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) eingeworben. Die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und ihr Zentrum für Entrepreneurship (ZfE) begleiten Peer Kohlmorgen, Robert Schwartz und Valessja von Groeling auf dem Weg zur Unternehmensgründung und Marktreife der innovativen Produkte. Ziel ist es, klimapositive Alternativen zu Kunststoff wie beispielsweise Styropor anzubieten, die in einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft Anwendung finden.
Die innovativen Erzeugnisse von morgenmaterials zeichnen sich durch Eigenschaften wie Feuerbeständigkeit, Schallabsorption, ein dem Anwendungsbereich anpassbares Gewicht sowie vollständige Abbaubarkeit aus. Der Produktionsprozess basiert auf einem biotechnologischen Verfahren, bei dem das Pilzmyzel, also das wurzelähnliche Geflecht des Pilzes, pflanzliche Substrate durchwächst und dabei je nach Substrat stabile oder flexible Materialien entstehen.
Von der Idee zum Gründungsvorhaben: Materialien aus Pilzen wachsen lassen
Peer Kohlmorgen, Robert Schwartz und Valessja von Groeling haben die Idee während ihrer Studienzeit entwickelt. Für die Bachelorarbeit seines Industriedesignstudiums an der Muthesius Kunsthochschule hatte Peer Kohlmorgen die Idee, ein Surfbrett aus Pilzen wachsen zu lassen.
Bei der Suche nach einem geeigneten Substrat und einer Umgebung mit idealen klimatischen Bedingungen, stieß er auf Robert Schwartz. Dieser hatte sich im Rahmen seines Agrarwissenschaftsstudiums an der CAU und seiner Arbeit im Pilzwerk Kiel auf Pilzkulturen spezialisiert. In dieser Phase keimte bereits die Idee für das künftige Startup.
Im Jahr 2023 komplettierte Valessja von Groeling das Team. Sie hat an der Leuphana Universität Lüneburg International Business Administration and Entrepreneurship und Nachhaltigkeitswissenschaften studiert und sich gezielt mit dem Cradle-to-Cradle-Prinzip (C2C) auseinandergesetzt. Dieses sieht eine durchgängige Kreislaufwirtschaft ohne Qualitätsverlust der verwendeten Bestandteile vor. Morgenmaterials fokussiert sich hier auf den biologischen Kreislauf.
Dank der Unterstützung des ZfE und dem EXIST-Gründungsstipendium kann das Team sein Gründungsvorhaben weiter vorantreiben, um dann im kommenden Jahr als Startup in den Markt einzutreten.
Verpackungsmaterial, Akustikpaneele, Urnen – verschiedene Branchen sind interessiert
„Neben einem Arbeitsplatz im ZfE Inkubator und der engen Betreuung haben wir hier auch die Möglichkeit, uns mit anderen Startups und Gründungsteams auszutauschen und voneinander zu lernen“, betont Valessja von Groeling, „davon profitieren wir sehr!“ Mit der Förderung über das EXIST-Gründungsstipendium blickt das Team von morgenmaterials optimistisch in die Zukunft. Die drei Gründenden arbeiten derzeit nicht nur an der Optimierung ihrer Myzel-Verbundstoffe, sondern auch an der Etablierung einer nachhaltigen und ganzheitlichen Produktionskette.
Beispielsweise mithilfe der Verwendung von Paludi über die Klimafarm der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein: Paludikultur bezeichnet eine Variation von bis zu 3.000 Gräsern, die in Mooren wächst und geerntet wird. Die Art der Gräserkombination kann von Moor zu Moor variieren. Da in Deutschland aktuell 95 Prozent der Moore trockengelegt sind, kann die wirtschaftliche Nutzung von Paludi-Gräsern der Wiedervernässung von Mooren einen weiteren Mehrwert bieten. Durch die Nutzung von Biomasse, die auf wiedervernässten Mooren wächst, kann morgenmaterials der Region eine ganzheitliche Perspektive bieten, die den Paludi-Anbau wieder attraktiv macht.
Derzeit richtet sich der Fokus ihrer Arbeit auf umweltfreundliche Verpackungslösungen, schallabsorbierende Akustikpaneele und Urnen. Erste Kooperationen, wie unter anderem mit einem lokalen Bestattungsunternehmen, offenbaren das Potenzial ihrer Produkte. „Die positive Resonanz von großen Playern unterschiedlichster Branchen motiviert uns, unsere Vision und Produkte voranzutreiben, um schnellstmöglich zu einer wirklich nachhaltigen Wirtschaft beitragen zu können“, so das Team.
Wegbegleitung durch das Zentrum für Entrepreneurship
Der ZfE Inkubator, eine Art Coworkingspace und Herz des ZfEs, bietet Gründungsvorhaben wie morgenmaterials nicht nur einen Arbeitsplatz, sondern auch konsequente Betreuung, bedarfsgerechte Beratung und Netzwerkmöglichkeiten. Dr. Anke Rasmus, Leiterin des ZfE, erklärt: „Ein EXIST-Gründungsstipendium zu erhalten, ist ein hartes Stück Arbeit. Neben einer innovativen Idee und einem talentierten Gründungsteam erfordert es auch eine überzeugende Darstellung des Vorhabens in einem Förderantrag. Doch der Aufwand lohnt sich, denn das Stipendium bietet jungen Gründerinnen und Gründern sowohl finanzielle Mittel als auch wertvolle Zeit, um ihre Ideen zu realisieren.“ Seit Juli 2024 ist das Stipendium für morgenmaterials offiziell bewilligt. Das Team nutzt nun den zwölfmonatigen Zeitraum, um mithilfe von knapp 136.000 Euro seine Ideen in die nächste Phase zu bringen, seine Werk- und Zuchtstätten herzurichten und erste marktfähige Produkte zu entwickeln.
Aktuell steht das Team von morgenmaterials vor der Aufgabe, Materialeigenschaften zu testen und zertifizieren zu lassen – und suchen nach interessierten Forschungseinrichtungen, die sich vertieft mit dem Myzel befassen möchten.